

Gestaltet, gefühlt, erlebt
Banknoten sind längst mehr als „nur“ ein Zahlungsmittel – sie sind eine multisensorische Erfahrung, die gestaltet werden will. Ein Gespräch mit Bernd Kümmerle, Managing Director
Banknote Solutions von G+D Currency Technology, über „Designing Experience“ und wie Ästhetik, Haptik und Hightech verschmelzen – von Oman bis Kasachstan, von innovativer Fälschungssicherheit bis hin zur Nachhaltigkeit.
Das Thema „Designing Experience“ für Banknoten wird für G+D zunehmend wichtiger – warum ist das so?
Bernd Kümmerle: Weil sich die Anforderungen an Banknoten stetig verändern und damit auch die Erwartungen, die an sie gestellt werden. Für uns heißt das: in einer Welt, die sich immer schneller dreht, können und wollen wir nicht nur auf einzelne Trends reagieren, wir müssen das große Ganze im Blick behalten. Ich nenne das gerne: „Den Wald sehen, und nicht nur die Bäume.“ Wir sind nun einmal Marktführer im Bereich Bargeldtechnologie, eine Position, die Verantwortung mit sich bringt – für innovative Lösungen, für eine klare Richtung, für Vertrauen. Und für unseren Anspruch, den Markt nicht nur zu bedienen, sondern ihn aktiv mitzugestalten. Durch Innovation, durch klare Strategien, und auch durch Design.
Was ändert sich an der Erwartungshaltung denn tatsächlich?
Unsere Partner erwarten von uns nicht nur Produkte, sondern auch eine langfristige Vision: Wohin entwickelt sich Bargeld? Welche Rolle spielt Design in einer zunehmend digitalen Welt? Wie entwickelt sich Vertrauen? Unser Slogan „Creating Confidence“ beschreibt genau das: Wir helfen unseren Kunden, Vertrauen zu vermitteln, geben Orientierung und ebnen den Weg durch hochmoderne Technologie, aber eben auch durch das Gestalten und das Erfahren von Design.

Bernd Kümmerle, Managing Director
Banknote Solutions von G+D Currency Technology
»Banknotendesign ist immer ein Prozess der gegenseitigen Anpassung und engen Zusammenarbeit«
Wie prägt der Designprozess diesen Weg?
Immer über einen intensiven Dialog zu grundlegenden Fragen wie: Welche Werte sollen vermittelt werden? Welche kulturellen Symbole sind wichtig? Welche Sicherheitsanforderungen gibt es? Für uns ist jede Banknote und die Erfahrung mit ihr einzigartig, weil sie nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern auch ein Symbol für nationale Identität ist. Dazu brechen wir den standardisierten Ansatz – Designentwicklung, Feature-Integration und Präsentation der fertigen Lösung – radikal auf. Unser Prozess ist inzwischen weit iterativer und partizipativer.
Das heißt konkret?
Dass wir mit explorativen Konzepten beginnen, die sich stark an der kulturellen Identität des jeweiligen Landes orientieren. Unser Ziel ist es, nicht nur eine funktionale Banknote zu entwerfen, sondern eine, die sich für die Menschen im Land vertraut und authentisch anfühlt. Dabei gibt es keinen universellen Stil, der für alle Länder funktioniert. Banknotendesign ist immer ein Prozess der gegenseitigen Anpassung und engen Zusammenarbeit.
Klingt herausfordernd.
Das ist es auch, vor allem, wenn es um die Feinabstimmung geht. Ein Design durchläuft teilweise bis zu 50 Iterationen, bevor alle Beteiligten zufrieden sind. Der Grund dafür ist, dass eine Banknote nicht nur gut aussehen, sondern auch perfekt funktionieren muss, technisch, aber auch emotional.
Ein Beispiel bitte.
Metallische Effekte, auf Banknoten beispielsweise auf Folien, Sicherheitsfäden oder Spezialfarben sind stark mit Emotionen verknüpft: Der Mensch verbindet den Glanz von Metall oft mit Wertigkeit – ein tief im Unterbewusstsein verankerter Reflex. Es gibt Verhaltensforscher, die behaupten, dies hänge mit der Assoziation zu Wasser zusammen. In unserer Evolutionsgeschichte war das Auffinden von Wasser schlichtweg überlebenswichtig. Das sind grundlegende psychologischen Faktoren, die wir ebenso berücksichtigen wie technologische Aspekte. Die Erfahrung mit der einzelnen Banknote ist eben nie das Ergebnis eines eindimensionalen Prozesses, sondern immer ein Ineinandergreifen aus Tradition, moderner Technologie und kulturellen Erwartungen.
… also aus Pflicht und Kür. Wie schafft G+D hier die nötige Balance zwischen Funktionalität und Ästhetik?
Zunächst muss eine Banknote funktionieren, sie muss sicher, haltbar und maschinenlesbar sein. Das ist die Pflicht, die Grundanforderung, die unsere Kunden an uns stellen. Zentralbanken sind schließlich „Hüter und Bewahrer monetärer Sicherheit“, und das aus gutem Grund: Bargeld ist ein Vertrauensgut, jede Störung in der Bargeldinfrastruktur kann gravierende wirtschaftliche Folgen haben. Die Kür ist das ästhetische Erlebnis, das Sichtbarmachen der kulturellen Identität eines Landes. Dazu arbeiten wir heraus, was die Menschen in einem Land mit ihrem Geld verbinden und übersetzen dies in eine visuelle Sprache. Das ist oft eine Gratwanderung: wieviel Innovation verträgt eine Banknote, ohne dass sie ihr vertrautes Erscheinungsbild verliert? Dazu wägen wir bei jedem Projekt genau ab, wo die Grenzen zwischen modernem Design, Kultur und höchstmöglicher Sicherheit liegen.

»Unsere Aufgabe ist es, kulturelle Feinheiten zu verstehen und in maßgeschneiderte Design-Erlebniswelten zu übersetzen«
Vermutlich verlaufen diese Grenzen, in den seltensten Fällen linear, sondern müssen immer an die spezifischen Bedürfnisse eines Landes angepasst werden.
Richtig. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Banknoten des Oman. In der traditionellen Architektur und Handwerkskunst des Landes spielen Fenster eine wichtige Rolle. Also haben wir ein Fenster als Sicherheitselement in die Banknote integriert – nicht nur als visuelles Detail, sondern als funktionales Designelement, das Sicherheit und Tradition miteinander verbindet. Das schafft eine Brücke zwischen modernster Sicherheitstechnologie und kultureller Verwurzelung. Unsere Aufgabe ist, diese kulturellen Feinheiten zu verstehen und in maßgeschneiderte Design-Erlebniswelten zu übersetzen. Am Beispiel der Banknoten der Zentralbank von Kasachstan ist ebenfalls gut zu erkennen, wie innovatives Banknotendesign nationale Symbolik und edel anmutende metallische Sicherheitselemente mit abstrakten Designelementen zu einer einzigartigen Bildsprache verbindet. In dem Fall war die Grundlage des Erfolgs die enge Zusammenarbeit des lokalen Designers mit unseren Spezialisten.
Wie beziehen Sie die Kunden in diesen Entstehungsprozess mit ein?
Über den Ansatz der „Total Customer Experience“. Jeder Kunde ist aktiver Teil des Designprozesses, kann seine Ideen einbringen, Skizzen mitgestalten und hat selbstverständlich ein Mitspracherecht. Das reicht von der Kreativphase mit Skizzen und Konzeptideen über die schrittweise Verfeinerung, um Designentscheidungen abzusichern, bis hin zur iterativen Abstimmung, bevor das finale Design in die Produktion geht. Das ist die Essenz von „Designing Experience“: Eine Banknote zu erschaffen, die nicht nur technisch perfekt ist, sondern sich für das jeweilige Land auch authentisch und erlebbar anfühlt.
Welche Rolle spielen moderne Technologien bei dem „Erlebnis Banknote“?
Technologie war, ist und bleibt immer der Schlüssel zur Fälschungssicherheit und damit auch zur Weiterentwicklung des Banknotendesigns. Unser Antrieb ist es auch hier, Design und Fälschungsschutz bestmöglich auszubalancieren. Ein Sicherheitsmerkmal kann noch so innovativ sein – wenn es nicht auch optisch überzeugt und sich nahtlos ins Design einfügt, verliert es an Wirkung.

»Wir stehen an einem Wendepunkt, an dem Innovation, Sicherheit und Umweltbewusstsein emotional erlebbar werden«
Zudem rückt eine andere Frage immer weiter in den Vordergrund: Wie kann eine Banknote nachhaltiger werden, ohne Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen?
Ja, und dabei ist Nachhaltigkeit längst kein optionales Extra mehr, sondern notwendige Bedingung der Banknotenentwicklung. Unsere Kunden müssen sich zunehmend mit Themen wie CO₂ Fußabdruck, Repurpose-Fähigkeit und Materialeffizienz beschäftigen. Unsere Lösungen setzen genau hier an: Mit Baumwolle aus nachhaltigem Anbau, um natürliche Ressourcen zu schonen. Mit der Reduzierung des Wasser- und Energieverbrauchs in der Produktion, insbesondere in der Papierherstellung. Mit Hybrid-Banknoten, die länger im Umlauf bleiben und daher seltener ersetzt werden müssen. Wir stehen also an einem Wendepunkt, an dem sich Innovation, Sicherheit und Umweltbewusstsein verbinden und emotional erlebbar werden.
Nachhaltigkeit wird damit nicht nur zu einer technischen Frage, sondern auch zu einer emotionalen?
Absolut. Nachhaltigkeit muss Teil der gesamten Banknotenerfahrung sein – nicht nur für Zentralbanken, sondern auch für den Endnutzer. Ein gutes Beispiel sind Länder, die sich erst langsam mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, die anfangs eher skeptisch waren. Unsere Strategie ist es, hier Vordenker und Impulsgeber zu sein. Wir zeigen auf, wie Banknoten nicht nur sicherer, sondern auch zukunftssicher gestaltet werden können – also nachhaltig, funktional und anpassungsfähig auch an regulatorische Anforderungen. Nach unserem Verständnis umfasst Nachhaltigkeit eben nicht nur Umweltaspekte. Es geht auch um soziale und wirtschaftliche Resilienz und damit um ein Gesamtkonzept. Nach einem Besuch unserer Druckerei in Malaysia, die wir schrittweise zu einem „grünen Standort“ entwickeln – inklusive Solarpanels auf jedem Dach, Fisch- und Gemüsezucht auf dem Fabrikgelände und einem eigenen, nachhaltigen Restaurant – erhielten wir zum Beispiel von Kundenseite das Feedback: „Jetzt haben wir verstanden, dass Nachhaltigkeit weit mehr ist als eine technische Anforderung – es ist das große Ganze.“ Das unterstreicht einmal mehr: wir stehen an einem Wendepunkt, an dem sich Innovation, Design, Sicherheit und Umweltbewusstsein verbinden und emotional erlebbar werden. Eine Erfahrung, die wir als stabiler, langfristig orientierter Partner zunehmend mittragen wollen und werden.