
Rohstoff Banknote
Jedes Jahr werden tausende Tonnen nicht mehr umlauffähiger Banknoten vernichtet, deren Wiederverwendung bisher eine Herausforderung war. Was wäre, wenn man sie als wertvolle Ressource weiternutzen könnte? Ferdinand Storek, Leiter Cash Life Cycle Solutions bei Giesecke+Devrient, und sein Team treiben genau diese Transformation voran. Für ihn sind Banknoten kein Abfall, sondern wertvolle Ressourcen in einem geschlossenen Kreislaufsystem. Im Zentrum dieser Entwicklung steht die Banknote Fiber Extraction (BFE) - ein innovativer Durchbruch, der aus alten, nicht mehr umlauffähigen Baumwollbanknoten neue Möglichkeiten macht.

BFE ist ein Verfahren zur Gewinnung von Fasern aus Baumwollbanknoten, die nicht mehr für den Umlauf geeignet sind, ohne die Faserqualität insgesamt zu beeinträchtigen. Herkömmliche Zerkleinerungsmethoden, bei denen die Banknoten in kleine Fragmente zerschnitten werden, beschädigen unweigerlich die Fasern an den Schnittstellen, wodurch sie für eine hochwertige Wiederverwendung weniger geeignet sind.
Im Gegensatz dazu nutzt BFE eine fortschrittliche Turbomill-Technologie, die Luftverwirbelungen und mechanische Kräfte - einschließlich Druck-Scher-Belastungen, hoher Beschleunigungen sowie Schock- und Aufpralleffekten - erzeugt, um Banknoten zu zerreißen, anstatt sie zu zerschneiden. Der Vorteil: Die strukturelle Integrität der Fasern bleibt erhalten, so dass sie in verschiedenen Industrien wiederverwendet werden können, insbesondere in der Papierherstellung. Und: Der gesamte Prozess ist effizient und umweltfreundlich, da er ohne Wasser und chemische Zusätze auskommt.
Das bedeutet: Durch den Einsatz der Technologie können Banken ihren Abfall deutlich reduzieren und aus den Banknoten trockenen, faserreichen Zellstoff gewinnen - einen vielseitigen Rohstoff, der herkömmliche Shreds ersetzt. Noch wichtiger ist, dass sich BFE durchaus in bestehende Banknotenvernichtungsprozesse integrieren lässt, ohne deren Effizienz oder Sicherheit zu beeinträchtigen. Der produzierte Zellstoff kann direkt an Recyclingunternehmen verkauft werden, was die Kosten des Bargeldmanagements für Zentralbanken senken kann.

Die Sicherheit bleibt gewährleistet – auch nach der Wiederverwertung
Der Output des BFE-Prozesses entspricht der EU-Norm EN 643:2014 – eine Klassifizierung für Verwertungspfade, die laut Ferdinand Storek, Leiter des Bereichs Cash Life Cycle Solutions bei Giesecke+Devrient, ein „echter Gamechanger“ ist: Sie vereinfacht den Entsorgungsprozess erheblich und ermöglicht es Institutionen, BFE problemlos in ihre Abläufe zu integrieren. Das verarbeitete Material kann über normale Altpapiercontainer entsorgt werden – damit entfallen spezialisierte Entsorgungsfirmen ebenso wie Unsicherheiten über den Verbleib vernichteter Banknoten.
Ein weiterer Schlüsselaspekt: Sicherheit. Die im Zersetzungsprozess erzeugten Fasern sind in ihrer Größe drastisch reduziert – sie sind 300- bis 400-mal kleiner als das, was gemäß DIN 66399 als P5-Hochsicherheitsstandard gilt. Das garantiert, dass sensible Informationen auch nach dem Recycling geschützt bleiben. Damit ist BFE eine besonders zuverlässige Lösung für Institutionen, die Umweltziele mit höchsten Sicherheitsanforderungen in Einklang bringen müssen.
„Wir sollten aufhören, Banknoten als Wegwerfartikel zu betrachten“
Für Storek ist BFE mehr als nur eine Recyclingmethode – es ist ein „Katalysator für systemischen Wandel“, eine Lösung, die „einen grundlegenden Perspektivwechsel innerhalb der Währungsindustrie darstellt“: weg vom linearen Denken, hin zur Kreislauflogik. „Wir müssen aufhören, unfitte Banknoten als Abfall zu betrachten – und anfangen, ihren bleibenden Wert zu erkennen“, sagt Storek. Dieser Denkansatz steht im Einklang mit internationalen Nachhaltigkeitszielen – insbesondere den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen.
Giesecke+Devrient demonstriert die Machbarkeit und Praxistauglichkeit von BFE durch den Einsatz der gewonnenen Fasern im eigenen Unternehmen. Die Fasern werden für verschiedene papierbasierte Produkte eingesetzt - darunter G+D-Magazine, Tragetaschen, Broschüren sowie Kartonagen in unterschiedlichen Formaten für Logistik, Versand und Ersatzteillieferung. Interne Anwendungen, die „einen eindrucksvollen großindustriellen Machbarkeitsnachweis darstellen - und ein sichtbares Zeichen dafür, dass Kreislaufwirtschaft im Bargeldsektor Realität werden kann“, so Storek.
Ein konkreter Schritt hin zu einer zirkulären Bargeldwirtschaft
Trotz des Potenzials bleiben Herausforderungen für eine breitere Einführung von BFE. Eine davon ist die Skalierbarkeit: Die Wirtschaftlichkeit des Recyclings hängt oft von der Menge ab - und in Regionen mit dezentralen Vernichtungssystemen kann es schwierig sein, genügend Material zu sammeln, um für industrielle Papierverarbeiter attraktiv zu sein. Außerdem müssen die gewonnenen Fasern auf dem Sekundärfasermarkt preislich mit etablierten Zellstoffen konkurrieren können.
Storek bleibt optimistisch: „Durch die Einführung nachhaltiger Verfahren wie BFE können wir als Branche eine Vorreiterrolle in Sachen Umweltverantwortung übernehmen - und gleichzeitig unsere wirtschaftliche Zukunft sichern“. In einer Zeit, in der Zentralbanken und politische Entscheidungsträger mit strengeren Umweltauflagen und wachsendem öffentlichen Druck konfrontiert sind, bietet BFE eine greifbare und praktikable Lösung. Die Möglichkeit, den „Kreislauf zu schließen“ und Banknotenmaterial zu recyceln, ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer umweltfreundlicheren Kreislaufwirtschaft im Bargeldkreislauf.